1. Juli bis 30. September 2014
Alltagsmenschen
Großstädte sind paradox: Nirgendwo leben mehr Menschen auf engstem Raum, nirgends sind sie gleichzeitig so einsam. Gegen die Sogwirkung der Anonymisierung in der Masse stellt die Künstlerin Christel Lechner Betonfiguren: Ein Spiegel der Gesellschaft, der zum Betrachten einlädt.
Christel Lechner ist eine ehrgeizige Künstlerin: Sie will den Menschen wieder beibringen, einander ins Gesicht zu schauen, einander zu betrachten, einander wahrzunehmen. Teile ihres Skulpturenpools "Alltagsmenschen" sind jetzt in der Kölner Flora zu sehen. Als Badegäste, Wanderer, Sonnenanbeter - vor allem aber ungeschönt, mit Ecken und Kanten, so durchschnittlich wie die Menschen auf der Straße selbst. Jetzt Jahreskarte für die Kölner Museen sichern!
Denn als echte Menschenfreundin hat die gelernte Keramikerin und Bildhauerin ihre Arbeit den Ruhrpöttern verschrieben. Geboren in Iserlohn, heute in Witten leben hatte sie ihr ganzes Leben Zeit für genaue Studien der heimischen Eigenarten. Ihre Betonskulpturen sprechen von schlichten, von einfachen Menschen, die sich nicht besonders häufig schick machen, weder Eitel noch Idealismus an den Tag legen, einfach so sind, wie sie sind.
Betonfiguren als Spiegel der Gesellschaft
Aus der fröhlichen Perspektive legt sie damit den Finger in eine der größten Pestbeulen unserer Zeit: Die Bombardierung der Sinne mit idealisierten Menschen - egal ob in Werbung, Film oder Romanen. Kein Mitmensch scheint noch den Ansprüchen des medialen Feuerwerks zu genügen - und wenn doch, dann als Suppenkasper vor der Werbepause, von Bohlen und Bruce zusammengefaltet.
Dementsprechen geht es ihren Figurenensembles wie etwa der aus über 15 Betonfiguren bestehenden Polonaise nie um eine abgehobene Bedeutung, die irgendwo in luftigen Sphären nur dem Gelehrten vor dem inneren Auge erscheinen möge: Die Einfachheit der Menschen, abgebildet in der Einfachheit der Dinge. Kunst, die jeder verstehen kann. Eben und ohne doppelten Boden. Wie ein Spiegel, in dem der Betrachter wieder zu sich selber findet - und sieht, dass er trotz seiner Schwächen liebenswert ist. (Fotos: Christel Lechner)
(zuletzt aktualisiert: 30. September 2014 - 12:27 Uhr)