Karneval, CSD und Weihnachtsmarkt - das ist der Heumarkt heute. An die Zeit, als er das wirtschaftlich Zentrum Kölns war, erinnert jetzt eine Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum.
"Drunter und Drüber" ist eine liebevoll gestaltete Ausstellung. Besonders originell die „Fenster", die den Blick freigeben auf historische Fotos. Modelle, Gemälde, Schriftstücke, Skulpturen - rund 200 Objekte erzählen die Geschichten des Heumarktes. Wie die von der Entstehung und Wiedererrichtung des Reiterdenkmals für Friedrich Wilhelm III., von Mord und öffentlichen Hinrichtungen, vom Treffpunkt für Homosexuelle, von Aufbau, Zerstörung und Wiederaufbau.
„Der Heumarkt" ist nach „Eigelstein" und „Waidmarkt" die dritte Ausstellung in der Reihe „Drunter und Drüber", eine Gemeinschaftsproduktion von Stadtmuseum und dem Römisch-Germanischen Museum, das in Köln für die Bodendenkmäler und die archäologischen Ausgrabungen zuständig ist. Denn die Geschichte Kölns steckt im Boden.
Impressionen von der Ausstellung
Bildergalerie: Drunter & Drüber
Und so beginnt die Ausstellung folgerichtig im Erdgeschoss des Museums mit der „unterirdischen" Geschichte des Platzes. Fotos dokumentieren die Arbeit der Archäologen, die in den Jahren 1996 bis 1998 das Terrain für die spätere Tiefgarage „vorbereiteten". Dabei fanden sie auf 6.000 Quadratmetern viel Überraschendes aus 2000 Jahren - nicht nur aus römischer Zeit.
Fündig wurden sie zum Beispiel in der Latrine der preußischen Hauptwache, die zwischen 1842 und 1877 mitten auf dem Heumarkt stand. 50 Beamte waren hier stationiert, es gab Platz für 50 Arrestanten. Lustig muss es zugegangen sein, denn in der Latrine fanden sich vor allem Flaschen für alkoholische Getränke und Raucher-Zubehör.
Zu wem gehört der Kopf?
Auf wenig Aufmerksamkeit stieß 1901 der Kopf einer römischen Statue, die am Rande des Heumarkts ausgegraben wurde. Sie landete in einer Abraumhalde. Erst zehn Jahre später erinnerte man sich wieder an sie und identifizierte sie als Agrippa, 1990 als Claudius, den Enkel des Kaisers Augustus. Heute ist man überzeugt: Es ist Kaiser Domitian (81-96 n. Chr.).
Römische Götter aus Bronze, dutzende Ledersohlen aus der Werkstatt eines römischen Schusters, Münzen aus der erzbischöflichen Prägeanstalt, Glasscherben, Würfel, Holzschnitzereien, Goldschmiedearbeiten - rund um den Heumarkt blühte jahrhundertelang das Handwerk. Und der Handel.
Der Süden war für das Heu reserviert, das dem Platz seinen Namen gab. Vieh und Fisch war die Mitte reserviert (im Mittelalter gab's noch keine Polizeistation), im Osten wurde Gemüse angeboten, im Westen Fleisch. Ein Versuch, den Platz als „Viktualienmarkt" wieder zu beleben, ging vor einigen Jahren jämmerlich baden.
Der Heumarkt - wie der Markusplatz in Venedig
Rund um den Platz baute sich im Mittelalter Kölns Oberschicht prächtige Paläste, die einen englischen Touristen sogar einen Vergleich mit dem Markusplatz in Venedig ziehen ließen. Die einflussreichen Gaffeln - Zusammenschlüsse von Händlern und Handwerkern - hatten hier ihren Sitz.
Der „Abstieg" begann, als im 19. Jahrhundert Wohnen und Arbeiten getrennt wurde. Die Reichen bauten sich Villen am Stadtrand, ihre Häuser am Heumarkt wurden in Wohnungen für die „kleinen" Leute aufgeteilt. Und den Grundstein für die Teilung des Platzes legten die Nationalsozialisten mit ihrem Plan der Ost-West-Achse. Und bis heute teilen die KVB-Gleise den insgesamt 20.000 Quadratmeter Platz. (js, Foto: Kölnisches Stadtmuseum, Foto RBA)
„Drunter und Drüber: Der Heumarkt. Schauplatz Kölner Geschichte 3" - bis 1. Mai 2017, Kölnisches Stadtmuseum, Zeughausstr. 1-3, 50667 Köln, Di 10-20 Uhr, Mi-So 10-17 Uhr, am ersten Donnerstag eines Monats 10-22 Uhr, Eintritt 7,50/5 Euro. Begleitbuch: 16,95 Euro