Wer kennt sie nicht? Der listige Detektiv mit der einprägsamen Frisur und sein treuer Begleiter auf vier Pfoten: Tim und Struppi sind eine Institution in der Welt der Comic- und Kinderbuchliteratur. Dabei begeistert das Gespann nicht nur die Kleinen. Jetzt bringt Meisterregisseur Steven Spielberg erstmals ein Abenteuer des Duos auf die große Kinoleinwand.
Von Marcus Wessel
Der clevere Detektiv Tim und sein schlauer Terrier Struppi. Zusammen sind sie ein unschlagbares Team. Die Figuren des Belgiers Georges Remi, der den meisten eher unter seinem Pseudonym Hergé bekannt sein dürfte, haben eine Weltkarriere hinter sich, seitdem sie Ende der 1920er Jahre ihr erstes Abenteuer bestritten. Bis zu seinem Tod brachte es Hergé auf insgesamt 24 Comic-Alben, in denen es das Duo nicht nur mit ziemlich fiesen Schurken sondern auch mit immer neuen Rätseln und Geheimnissen zu tun bekam. Natürlich siegte dabei stets das Gute über das Böse.
Auch die beiden Oscar-Preisträger Steven Spielberg und Peter Jackson sind mit Tim und Struppi aufgewachsen. Schon lange hegten beide unabhängig voneinander den Wunsch, die Abenteuer des Duos einmal für das Kino zu erzählen. Der Respekt vor Hergés Charakteren und seines ganz besonderen Humors waren jedoch nicht die einzigen Hürden, die das Projekt bis zu seiner Realisation in den vergangenen Jahren nehmen musste. Vor allem die technische Umsetzung sollte Maßstäbe setzen und Zuschauer jeden Alters ansprechen. Jackson, der bei dem ersten Kinofilm „Das Geheimnis der Einhorn“ als Produzent auftrat, und Spielberg entschieden sich für das aufwändige Motion-Capture-Verfahren, bei dem die Schauspieler vor einem „Green Screen“ abgefilmt und ihre Szenen komplett am Computer nachbearbeitet werden. Das Ergebnis ist ein recht künstlicher Stil, wobei die Gesichtszüge der Darsteller jederzeit erkennbar durchschimmern.
Die Geschichte des ersten Kino-Abenteuers ist ein „Best of“ gleich dreier „Tim und Struppi“-Bände. Große Teile des Plots sind dem Comic „Das Geheimnis der „Einhorn““ entnommen, dem der Film auch seinen Titelzusatz verdankt. Das Abenteuer beginnt mit einem Schiffsmodell, das Tim (Jamie Bell) auf einem Flohmarkt entdeckt. Er ahnt da noch nicht, dass der nostalgische Segler ein überaus wertvolles Geheimnis in sich trägt. Erst als sich plötzlich zwielichtige Gestalten für das Schiff interessieren und es kurz darauf gestohlen wird, weiß unsere Spürnase, dass er in eine ganz große Sache verwickelt ist. Das Rätsel um das alte Segelschiff führt Tim und seinen loyalen Begleiter Struppi schließlich um die halbe Welt. Bei ihren Recherchen werden sie von dem raubeinigen, jedoch herzensguten Seebären Kapitän Haddock (Andy Serkis) und den beiden, immer etwas trotteligen Detektiven Schulze und Schultze (Nick Frost, Simon Pegg) unterstützt.
Eine Pointe außerhalb des Drehbuchs liefert bereits die Besetzung von Tims Gegenspieler, des finsteren Schurken Iwan Iwanovitsch Sakharin, mit „Bond“-Darsteller Daniel Craig. Offenbar war der Brite der Meinung, dass seine Filmrollen wieder etwas mehr Abwechslung vertragen könnten. Er und die anderen Schauspieler konnten nach Herzenslust Grimassieren und ihre Lust am Overacting ausleben. Schließlich ist dieser „Tim und Struppi“ in erster Linie ein Kinderfilm. Und als solcher darf in ihm jede Geste, jedes Gefühl einige Nummern größer und deutlicher ausfallen.
Die besten Szenen aus "Tim und Struppi" in unserem CineChannel
Spielberg erzählt die Geschichte mit hohem Tempo und besonderer Lust an den vielen, geradezu spielerischen Actionsequenzen. Einzelne Passagen wie die Verfolgungsjagd durch die von Hergé erdachte Wüstenstadt Bagghar sprühen dann auch vor kinetischer Energie, wie man sie aus den Comics kennt. Spielberg legte zudem großen Wert auf das Design des „Tim und Struppi“-Universums. Ganz bewusst sollten moderne Gadgets wie Handys, Laptops oder gar Tablet-PCs dort nicht vorkommen und so indirekt das eher altmodische Flair der Geschichte betonen. Besonders die ersten Szenen auf dem Flohmarkt und in Tims Wohnung scheinen dem Geist Hergés verpflichtet. Über den Einsatz bestimmter Stilelemente des Film Noir, dessen Einfluss sich bereits im Vorspann zeigt, wird dieser Eindruck zusätzlich verstärkt.
Allerdings kann gerade die technisch einwandfreie Oberfläche auch zu einem Problem werden. Zumindest für die Erwachsenen steht die perfekte CGI-Verpackung der erhofften, nostalgischen Kinozeitreise gelegentlich im Wege. Daran ändern auch die Hergé typischen Knollnasen nichts. Etwas holprig und bemüht sind ebenfalls manche Gags. Sonderlich viel zu Lachen findet sich hier wider Erwarten nicht. Ob die bereits in Planung befindliche Fortsetzung – dann unter der kreativen Leitung Peter Jacksons – eine andere Tonart anschlägt, darf bezweifelt werden.
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Marcus Wessel lebt und arbeitet als freier Journalist in Köln. Seine große Leidenschaft gilt
dem Kino, wobei er eine strikte Einteilung in Blockbuster und Arthaus
ablehnt. Für ihn gibt es nur gute und schlechte Filme.
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