
Nach 44 Jahren als Journalist und Autor geht koeln.de-Chefredakteur Edgar Franzmann Anfang Dezember 2013 in Rente, Anlass für die Kolumne „Do liss de an der Ääd!". Ein Jahr lang, immer mittwochs, erzählt Franzmann über „sein“ umwerfendes Köln. Lesen Sie heute die 1. Folge.
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"Früher war mehr Lametta" beklagte sich Loriot einst über abnehmende Weihnachtsfestlichkeiten. In Köln jedenfalls ist das ganz anders: Weihnachtsmärkte an jeder Ecke. Nur ein Drei-Königs-Markt fehlt, und der sollte bis zum 6. Januar geöffnet sein.
Genau in einem Jahr, in der ersten Dezemberwoche 2013, werde ich wahrscheinlich auf dem Weihnachtsmarkt am Rudolfplatz stehen und mir einen Backfisch gönnen. Ganz entspannt und ohne Stress. Denn: Die erste Dezemberwoche 2013 wird meine erste Woche als Rentner sein. Im Alter von dann 65 Jahren und zwei Monaten, nach vierundvierzig Jahren Journalistentätigkeit, habe ich mir das verdient.
Bis dahin will ich jede Woche, immer mittwochs, über mein Köln berichten. Was ist heute? Was war früher? Wo soll das alles enden?
Als ich 1967 als Student nach Köln kam, gab es keine Weihnachtsmärkte. Heute ist Köln DIE Weihnachtsstadt in Deutschland und erwartet vier Millionen Besucher.
Freunde aus England reisen regelmäßig an, um sich verzaubern zu lassen. Ich habe dann schon mal Urlaub genommen, um den Weihnachtsmarktführer zu spielen.
Köln hat eine unausrottbare Eigenschaft: Alles wuchert. Erst gab es, wenn ich mich richtig erinnere, den Weihnachtsmarkt auf dem Neumarkt. Dann folgten Alter Markt und Heumarkt, Dom, Rudolfplatz, Stadtgarten, Rheinauhafen und mehr. Jüngste Errungenschaft: Der schwul-lesbische Weihnachtsmarkt im "Bermuda-Dreieck" am Rudolfplatz zwischen Schaafenstraße und Pilgrimstraße. (Übersicht über die Weihnachtsmärkte in Köln)
Es gibt einen "Markt der Engel, einen "Markt der Heinzel" und einen "Märchenweihnachtsmarkt". Was es nicht gibt, ist ein Markt der Hl. Drei Könige.
Warum eigentlich nicht? Köln ist schließlich die Stadt der drei Weisen aus dem Morgenland. Ihre Gebeine liegen im Goldenen Schrein des Kölner Doms, sie waren es, die die ersten Geschenke zu Christi Geburt mitbrachten.
Wenn ich mir also noch einen Weihnachtsmarkt wünschen dürfte, dann einen Drei-Königs-Markt, und der dürfte dann gerne auch bis zum 6. Januar geöffnet haben.
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Es ist eiskalt in Köln, alle mümmeln sich gut ein, nur das Mädchen auf den H&M-Plakaten, die überall in der Stadt zu sehen sind, friert schrecklich und lächelt dabei. Die Schöne heißt Laetitia Casta und stammt aus Frankreich.
Mal blond, mal dunkel, mal stehend, mal liegend, es ist immer Laetitia - und immer ist sie leicht bekleidet. Oder: Ausgezogen, um Blicke anzuziehen. Bei mir hat das schon mal geklappt. Ich habe hingeguckt. Auf dem Plakat stand: "Slip: 4,95".
Liebe H&M-Werber, falls ich tatsächlich eure Zielgruppe bin: So wenig würde ich meiner Liebsten niemals schenken.
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Immer am ersten Montag im Dezember werden die Kölner Theaterpreise verliehen. Im Jahr 2000 habe ich gemeinsam mit Hans-Georg Bögner von der SK Stiftung Kultur den "Kölner Ehrentheaterpreis" aus der Taufe gehoben. Das Preisgeld, zunächst 5.000 Mark, dann 2.600 Euro, wird von der NetCologne gestiftet.
Die ersten Ehrentheaterpreisträger waren "Die Machtwächter", den Preis für das Jahr 2012 durfte ich an das N.N. Theater überreichen, eine unglaublich tolle Truppe, die seit 25 Jahren bei Wind und Wetter ihr Programm durchzieht und von Köln aus halb Europa bespielt. (Artikel zur Theaterpreisverleihung)
Der Kreis der Ehrentheaterpreisträger trifft sich einmal jährlich und bestimmt den neuen Preisträger. Ich freue mich sehr auf diese Runde. Und den 2. Dezember 2013, an dem die nächsten Theaterpreise verliehen werden, halte ich mir schon mal frei.Da hab ich denn an meinem ersten Tag als Rentner gleich was zu tun ...
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"Do liss de an der Ääd" heißt diese Kolumne. Wörtlich bedeutet das: Da liegst du an der Erde. Gemeint ist: Das haut dich um. Und in Köln gibt es jede Menge, das dich umhaut.
Die Schreibweise habe ich mir von der "Akademie für uns kölsche Sproch" absegnen lassen. Willi Ostermann hätte das etwas anders ausgesprochen, nämlich: "Do liss de an dr Ääd", aber so kräftig werde das "r" hier gar nicht intoniert.
Vielen Dank an die Akademie. Und irgendwann klären wir auch noch die Geschichte mit dem "j" oder "g" am Wortanfang.