WRM-Ausstellung erinnert an Namensgeber
Vom Chaos in die Ordnung der Museen
Am 9. Mai 1818 schrieb Ferdinand Franz Wallraf sein letztes Testament: Er vermachte der seine fast 80.000 Objekte umfassende Sammlung. Ein buntes Gemisch zur Geschichte der Stadt. Ohne ihn wären sie verloren gegangen – und Kölns Museen und Erinnerungskultur um Wichtiges ärmer. Grund genug für das Wallraf-Richartz-Museum, den ersten Kulturmäzen Kölns mit einer großen Ausstellung zu ehren.
>Blick in die Ausstellung: Museumsintern wird der Überblick über Wallrafs Sammelleidenschaft “Wallrafs Walhalla” genannt. Foto: Jürgen Schön
16 Vitrinen unter dem Ausstellungstitel „Wallrafs Erbe – Ein Bürger rettet Köln“ empfangen den Besucher im Kellergeschoss des Wallraf-Richartz-Museums. Sie zeigen stellvertretend nicht nur die Breite seiner Sammelleidenschaft: Gemälde, Mineralien, Reliquiare, Zeichnungen, Bücher, Münzen oder römische Funde. Sondern auch, welche Kölner Institutionen mit ihren Sammlungen bis heute davon profitieren – etwa Römisch-Germanisches Museum, Stadtmuseum, Schnütgen-Museum, Universitäts- und Stadtbibliothek, das Geomuseum der Universität, vor allem aber das Museum, das heute seinen Namen trägt.
Wallraf (1748-1824) war Theologe und Rektor der Kölner Universität. Anfangs war er Gegner der Franzosen, die die Kölner Uni auflösten. Später schrieb er Lobeshymnen auf Napoleon, dann wurde er zum Preußenfreund. Die enttäuschten ihn allerdings und machten Bonn und nicht Köln zum neuen Universitätsstandort. Als die Franzosen den Kirchenbesitz säkularisierten, rettete Wallraf Vieles vor der Vernichtung oder dem Verkauf – oder dem Abtransport nach Frankreich. Mit seiner Schenkung wurde er zum Vorbild für spätere Mäzene.
Besuch von Goethe
Alles bewahrte er in seiner Wohnung auf. „Chaos!“, notierte Goethe in sein Tagebuch, nachdem er den Sammler 1815 besucht hatte. Immerhin gab es nach Wallrafs Tod eine Bestandsaufnahme: 521 Manuskripte, 488 Urkunden, 1.055 alte und 13.428 zeitgenössische Bücher, 1.616 Gemälde, 3.875 Zeichnungen, 38 antike Marmorskulptuten, 104 antike Denkmäler, 323 geschnittene Steine, 9.923 Mineralien und Fossilien (darunter auch ein versteinertes Vogelnest), 38.254 Grafiken, 3.165 Holzschnitte, 1.297 antike Gegenstände, 5.598 Münzen sowie 96 Waffen und Rüstungen.
Aus diesem Riesenfundus werden rund 240 Objekte – auch Leihgaben aus anderen Häusern – gezeigt. Natürlich nicht chaotisch, sondern wohlsortiert nach Themen. Auch Porträts des Sammlers sind dabei. Und ein Film über die Bedeutung Wallrafs für die Kölner Universität – und auf ein Forschungsseminar geht letztlich diese Ausstellung zurück. Dessen Ergebnisse davon finden sich unter www. wallrafdigital.koeln
Lochner, Rubens, Dürer
Der Ausstellungsparcour führt vom Keller in die 1. und 2. Etage des Museums zu den Prunkstücken der Sammlung, etwa Teile von Stefan Lochners „Weltgerichtsaltar“, Albrecht Dürers „Pfeifer und Trommler“ oder Peter Paul Rubens’ „Stigmatisation des Heiligen Franziskus“. Weil es zu den einzelnen Exponaten keine Schilder mit Erklärungen gibt, erhält jeder Besucher ein kleines kostenloses Heftchen. Die zuordnenden Nummern sind bisweilen allerdings nur schwer an den Objekten zu erkennen, Museumsdirektor Marcus Dekiert verspricht nachzuhaken. Ein kleiner Makel für eine wunderbare Ausstellungen.
Die Ausstellung hat aber noch einen wohlgesetzten Haken: Kölns Museums-Baugeschichte in alten und neuen Modellen. So gab es anfangs Streit, wo und in welchem Stil das Museum für Wallrafs Sammlung erbaut werden sollte. Man entschied sich schließlich für Neugotik und die Minoritenkirche – wo 1957 dann auch das neue Wallraf-Richartz-Museum eröffnet wurde. Gebaut werden konnte es allerdings ernst, nachdem der Kölner Kaufmann Johann Heinrich Richartz das nötige Geld spendiert hatte. Mario Kramp, Chef des Stadtmuseums, erinnert das an aktuelle Kölner Museumsgeschichten. (js)
"Wallrafs Erbe – Ein Bürger rettet Köln" – bis 28. Juli 2018, Wallraf-Richartz-Museum, Obenmarspforte, Di-So 10-18 Uhr, jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat 10-22 Uhr (außer an Feiertagen), Eintritt 9/5,50 Euro, Katalog 22 Euro
(zuletzt aktualisiert: 7. August 2018 - 15:27 Uhr)