13. Dezember 2013 bis 27. April 2014
Drunter und drüber: Der Eigelstein
Tickets: ab 5 Euro (ermäßig: 3 Euro)
Ort: Kölnisches Stadtmuseum
Von Jürgen Schön
Der Eigelstein ist wohl – noch vor dem Vringsveedel – der kölschste aller Kölner Stadtteile. Schon seit der Römerzeit lebte hier eine bunte Mischung vorwiegend der „kleinen“ Leute: Handwerker, Händler, Arbeiter, Einheimische, Zugereiste – und auch Prostituierte. Das Kölnische Stadtmuseum widmet ihm jetzt eine eigene, liebevoll gestaltete Ausstellung.
Wie schon vor zwei Jahren bei der Ausstellung rund um den Waidmarkt haben auch hier wieder Kölnisches Stadtmuseum und Römisch-Germanisches Museum (RGM) zusammengearbeitet: das eine zeigt, was oberhalb der Straße passiert, das andere ist für die archäologischen Funde zuständig. Hinzu kommen Leihgaben etwa von St. Kunibert und St. Ursula oder aus Bonn. So erzählen große und kleine Objekte die bunte Geschichte eines bunten Viertels – sogar eine Original-Wohnung wurde aufgebaut.
Das Römisch-Germanische Museum zeigt ein ganz neues Fundstück: Bei den Fundamentarbeiten für einen Neubau an der Machabäerstraße entdeckten die Archäologen in einer römischen Latrine eine äußerst seltene Goldmünze. Und speziell für die Ausstellung wurde endlich ein wertvolles römisches Glas aus hunderten kleiner Scherben zusammengepuzzelt – im Eigelstein konnten zwei Glaswerkstätten nachgewiesen werden.
Das Eigelstein-Viertel – das ist hier alles zwischen Domstraße im Osten und Am Salzmagazin/Weidengasse im Westen. Dazwischen als „Magistrale“ schon seit Römerzeiten Marzellenstraße und die Straße Eigelstein. Sie reicht vom Dom im Süden, wo einst das römische Nordtor stand, bis zur mittelalterlichen Eigelsteintorburg im Norden.
Bildergalerie: der Eigelstein früher
Zwischen Brauereien und Huren
Die Ausstellungsarchitektur im oberen Museumsgeschoss empfindet diese magistrale nach, wobei die „Seitenstraße“ zu einzelnen Themengebieten führen. Da wird an die 18 Brauereien erinnert, die es hier einmal gab. An die vielen Kirchen und Klöster, die unter Napoleon aufgelöst wurden. An die Dominikaner-Bursen, Wohngemeinschaften von Professoren und Studenten, Vorläufer der Universität.
Und an die Huren wird erinnert, die hier seit Jahrhunderten ihr Revier hatten. Und heute noch im Verborgenen arbeiten. Denn 1972 wurde die gesamte Innenstadt zum Sperrbezirk erklärt, das Rotlichtmilieu in die Bordellhäuser jenseits der Inneren Kanalstraße verbannt. Schon im Mittelalter versuchte man, das Treiben Geld für Liebe zu unterbinden. Doch die Prostituierten, die im nicht mehr existenten Kloster „St. Maria Magdalena zur Buße“ Reue zeigen sollten, revoltierten.
Wegen seiner Atmosphäre beliebt war der Eigelstein auch bei Fotografen, die – allen voran August Sander und Chargesheimer – die die Seele des Viertels festhielten. Überhaupt, die Menschen. Wer kennt noch Anton „Toni“ Merkens? Der Radrennfahrer wurde 1912 im Eigelstein geboren und wurde 1936 Olympiasieger über die 1000-Meter-Sprintstrecke.
Eine Tasse Mokka erhält 40 Jahre Freundschaft
Dem ein oder anderen bekannt sein dürfte Yasemin Balaban. Sie ist die Chefin des türkischen Restaurants Bosporus. Wie auch andere Bewohner des Viertels gefragt, welchen Gegenstand sie mit dem Eigelstein-Viertel verbinden, stellte sie eine Mokkatasse zur Verfügung. Denn, so ein türkisches Sprichwort, eine Tasse Mokka erhält 40 Jahre Freundschaft.
Der Name Eigelstein, so Marion Euskirchen vom RMG, kommt im Übrigen nicht vom Laeteinischen aquila – zu deutsch „Adler“, der soll ein römisches Denkmal geziert haben – wie immer noch behauptet. Vielmehr weist der Name auf einen steinernen römischen Pinienzapfen hin, der traditionell den Dachfirst zierte. Solche Steine habe man hier im Mittelalter gefunden.
Da aber zum einen diese römische Sitte unbekannt sei, die Pinienzapfen durch die Verwitterung eher wie Eicheln aussahen, wurde das Viertel Eigelstein genannt. Sie verweist auf die römische Igeler Säule bei Trier und eine Igelsäule in Mainz, die ebenfalls von einer Pinie gekrönt werden.
„Drunter und drüber – der Eigelstein: Schauplatz Kölner Geschichte“ – bis 27.4.2014, Kölnisches Stadtmuseum, Zeughausstr. 1-3, 50667 Köln, Di 10-20 Uhr, Mi-So 10-17 Uhr, am ersten Donnerstag eines Monats 10-22 Uhr, Eintritt 5/3 Euro, Kombikarte für Dauer- und Sonderausstellung 7,50/5 Euro. Katalog: 16,95 Euro
(zuletzt aktualisiert: 29. April 2014 - 22:22 Uhr)